Jona im Fisch (1983)

Über „Jona im Fisch“

Was fällt Otto Normalverbraucher zum Stichwort Jona ein? Klar, der Walfisch! Dabei ist in der Bibel nur von einem großen Fisch die Rede. Einerlei, im Volksmund bleibt es der Walfisch. Wie kommt Jona in den Bauch dieses enormen Fisches? Nun – er erhält unmissverständlich einen Auftrag von allerhöchster Instanz. Er soll die Stadt Ninive (sind wir das nicht alle?) warnen und vor dem Untergang retten. Zu lange schon tanzt sie den Tanz ums goldene Kalb. Aber wie ergeht es all jenen, die Klartext reden? Sie machen sich unbeliebt. Sie machen sich lächerlich! Sie sind Außenseiter, Aussteiger, Loser! In den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts mag das ja mal "in" gewesen sein. Diese Zeiten sind längst vorbei. Wer etwas auf sich hält (auch die Exoten, die sich Christen nennen), macht Karriere, demonstriert seine Bildung, seinen jugendlichen durchtrainierten Body, holt aus allem heraus, was herauszuholen ist (egal wie alt), ist nun mal in "der Szene"! Eine vierköpfige Familie besitzt im Schnitt vier Autos, vier Fernsehapparate, CD-Player, Handys, zehn Radiogeräte(lacht nicht, zählt nach!), mindestens einen PC, Digitalkameras etc. etc. Das braucht man alles, um dazuzugehören. Ach ja, drei bis vier Urlaube - nicht zu vergessen – sind normal. Bleibt da noch Platz für Gott? Die Botschaft "Selig sind, die einfach leben..." mutet lächerlich an, auch für Christen!
Nun – der biblische Jonas besaß zwar von alledem nichts, hätte es aber, lebte er in unserer Zeit. Er wollte – genauso wenig wie wir – den Mitmenschen den Spiegel vorhalten. Wozu auch? Was will Gott eigentlich von uns? Soll er doch alles so lassen, wie es ist. Er hat schließlich die Welt, und die Umstände, erschaffen! Soll er doch alles wieder so zurecht biegen, wie es ihm passt! Soll er wirklich?

Beten wir "Dein Wille geschehe" oder beten wir "Unser Wille geschehe", so wie in der Geschichte von Jona?
Jona flieht vor Gottes Auftrag aus der Stadt Ninive (oder wie heißt sie sonst noch? London, New York, Berlin, Hong-kong, Riad...) und begibt sich auf ein Schiff, das ihn aus der Gefahrenzone bringen soll. Doch Gott sendet einen Sturm. Dieser wird so schlimm, dass die Besatzung sich nicht anders zu helfen weiß, als einen Sündenbock zu bestimmen und ein Los zu ziehen. Das Los fällt auf Jona. Er wird über Bord geworfen und von einem "Walfisch" verschlungen. Sieh an, sieh an! In dem Bauch des Fisches lebt es sich prima! Es ist trocken und gemütlich und sicher! Nur, der Walfisch hat leider auch einen Auftrag, den er Jona unmissverständlich mitteilt. Nix mit Verstecken! Nix mit Gemütlichkeit. Der Walfisch soll Jona ausspucken und zwar am Ufer der Stadt Ninive, damit Jona seinen Auftrag erledigen und den Bürgern mitteilen kann, dass Gott es satt hat,
"das Prassen, das Geldzählen
das Stehlen und Hehlen,
das Messerwetzen,
das Rennen und Hetzen,
das Feilschen und Neiden,
Kleiden in Samt und Seiden,
das Leisetreten,
das falsche gleisnerische Beten,
das eitle Flanieren,
die protzigen Großmannsmanieren... etc. etc."

Wie heißt es am Schluss der Moritat?
"Du kannst vor Gott zu Gott nur flieh’n!"
Sind wir nicht alle ein bisschen Jona?