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29.07.2022 - Der Struwwelpeter besucht den Humorpark an der Eremitage

Der Struwwelpeter besucht den Humorpark an der Eremitage

In den Adventswochen des Jahres 1844 suchte der Arzt Heinrich Hoffmann nach einem Bilderbuch als Weihnachtsgeschenk für seinen damals dreijährigen Sohn Carl. Doch statt kindgerechter Geschichten fand er nur „lange Erzählungen oder alberne Bildersammlungen, moralische Geschichten mit ermahnenden Vorschriften“, wie Hoffmann schrieb.

Er kam mit einem leeren Schreibheft zurück und beschloss, selbst ein Bilderbuch zu gestalten – es war die Geburtsstunde des Struwwelpeters, der heute weltweit gelesen wird, aber seinerzeit ein echter Skandal war: Denn alle anderen Bilderbücher haben immer nur eine Idealvorstellung vom braven Kind gezeigt.

Brave Kinder kommen bei Hoffmann allerdings nicht vor: Seine Protagonisten sind frech und eigensinnig. Denn er war Psychologe und davon überzeugt, dass es nichts nutzt, Kinder einfach nur aufzufordern, brav zu sein. Deshalb veranschaulichte er die Folgen von Ungehorsam auf drastischste Weise. Er wollte nicht sinnlos Angst machen, sondern nur vor den Gefahren des alltäglichen Lebens warnen.

Bis heute wird der Struwwelpeter gelesen. Für ein Kinderbuch, das manchen heute sogar als Beispiel „schwarzer Pädagogik“ dient, ist das bemerkenswert. Vielleicht hat der Struwwelpeter also doch etwas Zeitloses an sich?

Genau dieser Frage ging die PAROLE gemeinsam mit dem Humorpark an der Eremitage nach – am vergangenen Wochenende präsentierten wir eine moderne Lesart des Stuwwelpeters: Nicht als Sammlung von Schauergeschichten, sondern als Aufforderung zur Toleranz und Solidarität. In neun Bildern unter Regie von Achim Milbich und unter musikalischer Begleitung von Eva Mensch und Kinga Giemza besuchte der Struwwelpeter den Humorpark, kam angeflogen mit dem Schirm und bewahrte Daumenlutscher Konrad, Hans-guck-in-die-Luft oder das zündelnde Paulinchen in den insgesamt sechs Vorstellungen vor Unheil. 20 Mitwirkende allen Alters haben dabei den Struwwelpeter vor rund 250 Zuschauern zu einem Publikumsliebling werden lassen.

(David H.)